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NIKS
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"w a s -a b g e h t - a n g e h t"

Nr.3
3. Januar 2000
Mitarbeit: Ralf Stelter.
Stellungnahmen/Lesermeinungen zu diesem Thema bitte mit dem Stichwort "Fraktur-Schrift" ans Forum.
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Altstadtbeschilderung: Angst vor einer Schrift!

Die Fraktur - von Blut getränkt?

Eigenarten der Fraktur!


Altstadtbeschilderung:
Angst vor einer Schrift!

Hattingen, 27. Dezember 1999.
Seit längerem ist geplant, die Straßen der Altstadt mit neuen Schildern zu versehen.

Der ursprüngliche Gedanke war, die neuen Schilder wie gehabt in der gleichen langweiligen, aussageneutralen DIN-Schrift zu belassen.

"Unpassend und unnötig", waren Reaktionen darauf. Wenn schon neue Schilder, dann bitte auch welche, die in die Altstadt passen. Am besten in der Fraktur-Schrift, um die Altertümlichkeit zu unterstreichen.

Zwei "Schrift-Kundige" entlarvten in Briefen an den Herrn Ollenik dessen öffentlich geäußerte Bedenken gegen die Fraktur als unangebrachte Vorurteile. Erfolg dieser Schreiben: die Schriftwahl wurde neu diskutiert, die DIN-Schrft schied aus. Unpassend. Schließlich sind die Gebäude der Altstadt sehr alt, wenn sie auch nicht aus dem Mittelalter stammen.

Auf Grund der angeblich schweren Lesbarkeit und einer von vielen nicht nachvollziehbaren orthographischen Eigenart der Fraktur-Schrift wurde die Serifen-Antiqua zur Beschriftung ausgewählt.
Die Zeitung berichtete über die (weitere) Verzögerung der geplanten Schilder und bildete in einem Foto die drei Schrifttypen in Musterschildern ab. Und schon meldete sich ein Zeitungsleser in einem propagandistisch getönten Leserbrief, dass es unzumutbar sei, die Fraktur überhaupt in Erwägung zu ziehen. Er stellte die Fraktur ins Lager der Rechtsradikalen und predigte in aller Schärfe die Abschaffung dieser Schrift. Trotz aufklärenden Antwortbriefes blieb dieser Leser bei seiner Meinung. Und er ist dumm genug, diese weiterhin öffentlich zu vertreten und für die Abschaffung der Fraktur zu stimmen, "deren Anblick Ekelgefühle hervorruft".

Aufklärung tut Not, haben wir uns gedacht. Und weil dieser Briefeschreiber vielleicht nicht die einzige Person mit gestörtem Verhältnis zur Fraktur ist, finden Sie hier einen kleinen Beitrag zum Gebrauch der Fraktur-Schrift in der Zeit des Nationalsozialismus.

Kommentar

Ekelgefühle durch eine Schrift?
Es gibt Leute, die ekeln sich vor Fleisch. Wenn sie nicht Vegetarier sind, so deutet dieses Ekelgefühl oft auf eine schlimme Magenerkrankung hin. Es gibt Leute, die ekeln sich vor Schlangen, weil sie niemals eine erfahren oder angefasst haben (?). Ekelgefühle sind also entweder krankhaften Ursprungs oder stellen sich aus mangelnder Aufklärung oder Erfahrung ein.

Wenn aber Aufklärung nicht gewollt ist, wenn sie abgelehnt wird, wenn Tatsachen ignoriert werden, dann bleibt nur eine Schlussfolgerung...

Und deshalb ist es notwendig, die restliche Öffentlichkeit über die Tatsachen zu informieren, bevor als Wahrheit verkaufte Lügen die gleiche Stimmung verbreiten wie damals als die Fraktur als "Schwabacher Judenletter" gebrandbrandmarkt und verboten wurde.

Ein glückliches und zufriedenes Jahr 2000,

Ihr RS


Die Fraktur - von Blut getränkt?

Hattingen 30. Dezember 1999.
"Vom Blut getränkt" hatte ein "gebildeter" Leserbriefschreiber in der Zeitung behauptet!
Damit verfolgt er das erklärte Ziel der Nationalsozialisten, die Fraktur zu verbieten, wenn auch unter anderen Vorstellungen!

Was ist die Fraktur für eine Schrift?
Die Fraktur hat ihren Namen von der gebrochenen Darstellung der Buchstaben, Sie sind nicht flüssig geschrieben. Eine Fraktur-Schrift gibt es genau genommen nicht. Die Bezeichnung steht für eine ganze Schrift-Familie, die in ähnlicher Art gestaltete Schriften umfasst. Diese aber sind wiederum so verschieden voneinander, dass es selbst einem Laien auffällt, wenn er etwas genauer hin sieht.

Die Familie der Fraktur-Schriften hat ihren Ursprung im Mittelalter. Sie ist eine reine Schreib- und Druckschrift, d.h. sie wurde grundsätzlich nicht verwendet in Stein oder Holz, denn dafür war sie nicht geeignet.
Verschiedene Epochen kannten auch unterschiedliche Fraktur-Schriften. Die Fraktur war bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts DIE Buchschrift. Es wurden gelegentlich auch andere Schriften für Drucksachen verwendet.

War die Fraktur eine Nazi-Schrift?
Die Nationalsozialisten verwendeten die Fraktur ebenso wie alle anderen in Deutschland. Weil sie in allen Setzereien vorhanden war! 1941 jedoch wurde die Fraktur von Hitler als "Schwabacher Judenlettern" gebranntmarkt und per Rundschreiben am 3. 1. 1941 verboten. Dieses Verbot erging an alle Druckereien, Schriftsetzereien und Zeitungen.

Eine von den Nationalsozialisten bevorzugte Schrifttype wäre doch auch bestimmt in ihren Bannern zu finden gewesen...

War sie aber nicht! Die NSDAP bevorzugte eine Serifen-Antiqua.

(Das Hakenzreuz in der Mitte wurde von uns entfernt.)

Die Banner des Roten Frontkämpfer-Bundes zeigten vornehmlich Texte in der Fraktur-Schrift. Aber auch Antiqua und Serifen-Antiqua wurden verwendet.

Wer behauptet, die Fraktur sei eine Schrift, die an die schlimmsten Zeiten Deutschlands erinnere, sie dann auch noch in die Nähe der Rechtsradikalen stellt, der vergisst, dass die Fraktur auch heute noch in vielen Zeitungköpfen verwendet wird. Die dumme Behauptung des Briefeschreibers, vornehmlich neo-nationalistische Zeitungen verwendeten diese Schrifttype ist leider nicht zum Lachen, sondern eine gefährliche Verdrehung der politischen Vergangenheit.

Hier einige aktuelle Köpfe von Zeitungen, jeder in einer anderen Fraktur-Schrift:



Stellungnahmen/Lesermeinungen zu diesem Thema bitte an das Forum, Stichwort "Fraktur-Schrift":

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Eigenarten der Fraktur.

Hattingen, 3. Januar 2000.

Auf Grund der angeblich schweren Lesbarkeit und einer von vielen nicht nachvollziehbaren orthographischen Eigenart der Fraktur-Schrift wurde die Serifen-Antiqua zur Beschriftung ausgewählt.

Die schwere Lesbarkeit als Grund für die Ablehnung der Fraktur ist in meinen Augen lächerlich. Ebenso könnte man die Rechtschreibung abschaffen, weil sie ja doch niemand beherrscht (gerade das scheinen die Zeitungen seit einiger Zeit zu praktizieren ;-).

Allerdings haben alle Fraktur-Schriften eine Eigenart, die im Grunde die Lesbarkeit sogar noch fördert: es gibt nämlich in jeder Fraktur zwei kleine S, ein langes und ein rundes S.
Lese- und Begriffsfehler sind bei korrekter Schreibung ausgeschlossen.
Das lange S gehört an jeden Silbenanfang sowie zu den Ligaturen SS, ST und SCH. Jedes andere S ist mit dem runden S zu schreiben. Ligaturen sind zusammen gesetzte Buchstaben, die im Bleisatz zusammen auf einem Kegel saßen.

In den heute gebräuchlichen Schrifttypen ist ein Städtename wie KÜNZELSAU nicht zu vermitteln (1a). Heißt es Künzels-au oder Künzel-sau. In jeder Fraktur ist dieses Wort eindeutig zu lesen: weil das S ein rundes ist, ist es eindeutig das Ende der zweiten Silbe (1b). Das Wort WILDSAU wird in jeder Fraktur eindeutig mit langem S geschrieben. Es ist somit eindeutig als erster Buchstabe der letzten Silbe zu erkennen (2b).
Das lange S ist auch heute noch in manchen Schriften enthalten und kann zum besseren Verständnis verwendet werden (3).


Es gibt viele Beispiele, in denen das lange S korrekt verwendet wurde. Oben sehen Sie den Schriftzug der Kölnischen Rundschau mit korrektem S. Auch Warsteiner, Hasseröder u.v.a. verwenden den korrekten Buchstaben, während Köstritzer ein Beispiel für die Ignoranz mancher Werbefachleute darstellt.

Im Zeitalter des Computers kann jeder mit Schriften gestalten. Leider ist das Wissen um die Eigenarten der Fraktur so weit in Vergessenheit geraten, dass sogar viele Schriftenhersteller anfangs vergessen haben, das lange S in die Schrift zu integrieren. Mittlerweile haben fast alle Frakturschriften im Computerbereich diesen Buchstaben, jedoch wissen die wenigsten Anwender von Frakturschriften damit etwas anzufangen.
Meine Bitte an solche Anwender: Lassen Sie die Finger von der Fraktur, denn das Ignorieren dieses Sonder-Buchstabens ist ein Rechtschreibfehler!
Hat Ihre Fraktur diesen Sonderbuchstaben nicht, dann schmeißen Sie die Schrift auf den Müll, denn sie ist unvollständig! Ebenso gut könnten Sie das V ignorieren!

Im englischsprachigen Raum hat es sich schon früh eingebürgert, das lange S zu ignorieren, was u.a. auch in der anderen Rechtschreibung begründet ist.


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